Tri Austria Trainingslager Phuket

Weiße Schoki – Hitzepille – 38.9

Ein Titel der sich liest wie ein Songtext von Mickie Krause, jedoch mit „10 nackten Frisösen“ wenig bis garnichts zu tun hat. Aber eins nach dem anderen.

 8° 0′ N, 98° 21′ O – sicherlich eine der kürzesten Varianten ein Paradies zu beschreiben! Wer sich die Mühe macht und den Koordinaten nachgeht, dessen Zeigefinger wird auf der thailändischen Trauminsel Phuket zur Ruhe kommen. Genau hierhin verlegten wir, das Österreichischen Triathlon Nationalteam, für die vergangenen 18 Tage unseren Trainingsstützpunkt. 

Warum genau Thailand und nicht etwa Fuerteventura wie im Dezember? Antwort: TOKIO 2020, oder genauer gesagt dessen Klima, das zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele im August einem gigantischen Reiskocher gleicht. Wer sich einmal fühlen möchte wie ein frisch gedünstetes Wantan im Chinarestaurant seines Vertrauens, der sollte weder einen Trip nach Tokio, noch ein paar Wochen auf Phuket scheuen – die Bedingungen vor Ort sind jedenfalls sehr ähnlich.

Den Erinnerungen an die Traumstrände, das außergewöhnliche Essen und die freundlichen Thais möchte ich in diesem Blog allerdings wenig Aufmerksamkeit schenken… was zählt ist Hightech! 

Weiße Schoki

Wem diese zwei Worte reichen, um den Speichelfluss zu erhöhen, der kommt in Folge nicht auf seine Kosten. Im Gegensatz zu Milka und Lindt, beißt man sich hier nämlich im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne aus: die Rede ist von Emcools Kühlwesten bzw. deren Kühlelementen. Diese sehen nämlich aus als hätte sie der charmante Maître Chocolatier aus der Fernsehwerbung persönlich und von Meisterhand geschöpft. 

Beim Lauftraining via Weste am Körper getragen verhilft die Kühlung zu besserer Leistungskonstanz und einem langsameren Anstieg der Körperkerntemperatur unter Belastung bei Hitze. Sogar die Ehre eines 200er Trainings auf der Laufbahn wurde dem menschlichen Frischhaltesystem zu Teil. 

“Mein Bauch hatte Bluetooth – der Traum jedes IT-Nerds“

Hitzepille

Man stelle sich vor, einen Computer zu schlucken, der bis zu 24 Stunden im Körper verweilt und nonstop Bioinformationen sendet. Man bräuchte schon sehr viel Anlauf, um einen Stand PC durch die Speiseröhre zu wuchten, weshalb wir die elegante Variante wählten. Nur etwa 5mm im Durchmesser war der Nanocomputer in Form einer Messpille groß und ging deshalb runter wie Butter.

Aufzeichnungsstartschuss war stets um 04:00 morgens und gemessen wurde im 30 Sekunden Takt solange es mein Verdauungssystem zuließ. Für 24 Stunden hatte mein Bauch Bluetooth und ich konnte ausgelesen werden wie mein Seat in der Servicewerkstatt. Uns ging es vor allem um den Verlauf der Körpertemperatur im Training, um das Verhalten im Wettkampf in Bezug auf die Körperkühlung zu optimieren – schon ein kalter Schluck Iso zum richtigen Zeitpunkt wirkt den Erkenntnissen nach wahre Wunder. 

“Alles über 37,5 °C war bei uns daheim Fieber und ersparte mir einen Schultag.
Jetzt fängt die Arbeit ab 38 Grad erst so richtig an!“

38.9

Wer mit dieser Körpertemperatur zum Arzt geht wird sofort krankgeschrieben. Auf der 500m Laufbahn im Thanyapura Sports Resort auf Phuket beginnt hier erst der Spaß. Die Rede ist von meiner Höchsttemperatur im Zuge der Messungen mit der Hitzepille. Wer glaubt, dass die Leistung bei diesen Temperaturen nachlässt hat sich geschnitten: 10x200m, Tempo 24km/h standen auf dem Trainingsplan und einer fühlte sich besser an als der Andere. Wie aus vergangenen Messungen bekannt wurde, sind bei maximaler Belastung nämlich weit über 40 Grad möglich. Sportler sind eben manchmal Hitzköpfe!

Soweit der Stand im Tri Austria Training Lab. Da die Formalitäten geklärt sind will ich die schönen Fotos auch nicht länger vorenthalten… Kop khun krap 🙏🏼


KOLUMNE: ITU Stories Vol.1

Vitamin C für die Reifen

Wenn man als Triathlonprofi um die Welt reist, ist man gezwungenermaßen immer mit verschiedenen neuen Herausforderungen konfrontiert. Das beginnt bereits mit der Anreise zum Wettkampf, die sich mit Flugverspätungen über Tage hinziehen kann und geht weiter mit der Ernährung, der Materialwartung und dem Training vor Ort. Als Gipfelreiz im Hinblick auf die Anpassung würde ich allerdings die Wetterkapriolen beschreiben, die mich mit erstaunlichem Timing, in allen Teilen der Welt bereits sehnlichst zu erwarten scheinen.

Das Angebot an Wetter geht von strahlendem Sonnenschein und 34 Grad bei 90% Luftfeuchtigkeit und Windstille in Cozumel/Mexiko, über 4 Grad bei Nieselregen in Edmonton/Kanada, bis hin zu Wirbelstürmen und Taifuns in Sarrasota/USA und Osaka/Japan. Auch der ein oder andere Sandsturm in Ägypten oder Abu Dhabi war bereits dabei… Optimisten – zu denen ich mich zähle – würden das Beschriebene als „vielseitige Arbeitsbedingungen mit hohem Spannungsfaktor“ beschreiben.

Nachdem das naheliegende Schicksal eines Regenrennens mich und meine Leidensgefährten ziemlich oft ereilt, tüfteln wir natürlich immer an Möglichkeiten, dem Regen und den damit einhergehenden Bedingungen ein Schnippchen zu schlagen! Die folgende „ITU Story Vol.1“ handelt von einem dieser Versuche, bei dem wir – also mein Trainingspartner Luki Hollaus und ich – leider den Kürzeren im Kampf mit dem Wolkenbruch zogen.


“Wir haben so ziemlich jeden Regen gehabt, den es gibt. Regen mit kleinen prasselnden Tropfen, richtig schönen dicken Tropfen, Regen, der von der Seite kam und manchmal sogar Regen, der von unten nach oben zu kommen schien. Und so ein Mist es regnete sogar nachts!“

Forrest Gump, Vietnam, 1969

13. Mai 2017 – World Triathlon Series Yokohama/JPN, Olympische Distanz… 15C° & strömender Regen

Das Zitat von Forrest Gump beschreibt ganz gut, wie die Situation vor Ort aussah. Wir wussten außerdem bereits die Tage davor zu 100%, dass es eine Wasserschlacht werden würde und kannten die kurvige und glatte Radstrecke in Yokohama bereits zu gut. Was wir brauchten war ein Plan, der uns einen Vorteil auf dem glatten japanischen Großstadtasphalt bot. Die Idee kam prompt von unserem Coach Toni:

VITAMIN C für die Reifen in Form von Zitronensaft, den wir großzügig auf unseren Conti’s verteilen sollten. “Die Säure im Zitronensaft öffnet die Poren des Reifengummis und ermöglicht euch mehr Reibung in der Kurve. Damit fahrt ihr auf glatter Oberfläche allen um die Ohren!“, soweit der Theorieteil unseres ausgefuchsten Spezialplans. Wir zogen also los und versuchten im japanischen Großstadtjungel Zitronen zu ergattern… vergeblich!

Nachdem wir in 2 SevenEleven Shops und einem Lawsons nach Zitronen gefragt hatten gaben wir auf und wandten uns an den Barkeeper hinter unserer Hotelbar. Dieser half uns mit einer streng limitierten und äußerst genau abgezählten Menge von exakt 12 hauchzart aufgeschnittenen Limonenscheibchen à la „Mojito de la Casa“ auf die Sprünge. Teil eins des Plans: CHECK!

Man muss dazu sagen, dass am Wettkampftag ein derartiges Sauwetter herrschte, dass man sich auch mit dem Surfbrett auf der Straße fortbewegen hätte können. Wir waren durchnass als wir in der Wechselzone ankamen! Teil zwei erfolgte dann beim Check-In unseres Bikes in der Wechselzone. Mit dem Selbstvertrauen und den geübten Handgriffen eines Chefchirurgen, sowie den teils verunsicherten und teils belustigten Blicken unserer Konkurrenz im Nacken, begannen wir mit viel Liebe und Zuneigung unsere Reifen durch die Zitronen zu ziehen. Am Ende blieben lediglich die Schalen der Zitronen übrig… der Rest zierte unsere Reifen. In unserer Vorstellungen waren wir nun dazu im Stande das Wasser zu teilen, wie es einst schon Moses am roten Meer getan hatte.

Dann kam erstmal Triathlon ‚as usual‘: Startvorbereitung PiPaPo, Schwimmen, ein kurzer Sprint in die Wechselzone und rauf auf den Vitamin-Bock. Luki fuhr an dem Tag außerirdisch und schien alleine nach vorne in die Hauptgruppe zu radeln. Auch mein Fahrgefühl war positiv, wissend von dem Umstand, dass mich die Zitronen unseres charmanten Barkeepers sanft durch jede Kurve tragen würden. Bezahlt wurde allerdings noch immer zum Schluss und Luki bekam die Rechnung schneller als gedacht:
Das Fruchtfleisch der Zitronen war zwar ebenfalls sauer, aber dafür umso rutschiger. Außerdem hatte Luki beim Einreiben der Reifen einen gewissenhafteren Job gemacht und so zerriss es ihn auf einem Film aus Wasser und Zitrone. Währenddessen fuhr ich immer noch wie beflügelt und wunderte mich nur sehr kurz, dass Luki plötzlich wieder in derselben Radgruppe Platz genommen hatte, der auch im mich verschrieb. Erst im Ziel tauschten wir uns darüber aus und ich erfuhr, wie es ihm auf seinem fruchtigen Zitrus-Ritt ergangen war.

In der darauffolgenden Analyse mit unsere Trainer stellte sich schließlich heraus, dass ganz im Gegensatz zur Zubereitung eines Soda-Zitrone, ein Schluck Zitronensaft-Konzentrat aus der Flasche gereicht hätte, um den gewollten Effekt bei der Präparation unserer Reifen zu erzielen. Einen Tag danach konnten wir über das Missverständnis eh schonwieder lachen und es kamen Gags wie “in der Schale stecken aber die meisten Vitamine“.

Beim Abendessen im Kreise des Nationalteams blieb uns nichts anderes übrig, als den Tatsachen ins Auge zu sehen und mit einem Soda Zitrone auf das PLUS an Erfahrung anzustoßen. Sauer macht ja bekanntlich lustig!


Sprint Weltcup Tongyeong – „don’t crack under pressure…“

Wenn ich zu Hause in Dorfgastein vor die Haustür trete und in Richtung Süd-Osten schaue, dann eröffnet sich mir der Blick auf das wunderschöne Fulseck. Direkt dahinter, aber eh schon nicht mehr sichtbar, kommt das Großarltal und ca. 8.700km der Luftlinie folgend erreicht man schließlich Tongyeong. Nicht gerade um die Ecke, wenn man bedenkt, dass ich nach Großarl zu Fuß schon fast 2 Stunden brauche…

Dennoch lohnt es sich Jahr für Jahr mein persönliches Saisonfinale nach Korea zu legen und in Tongyeong nochmal alles an Energie in den Ring zu werfen, was so spät in der Saison noch in mir steckt. Denn:

  1. Genieße ich jedes Mal aufs neue die schöne Aussicht bei diversen Trainings und kann es…
  2. …kaum erwarten bis der Startschuss fällt, weil sowohl Organisation als auch Wetter und das „Drumherum“ in Tongyeong ein Traum sind!

Der Weltcup ist zurzeit sicher kein einfaches Pflaster für gute Platzierungen, aber das ist auch kein Grund sich zu verstecken. Jeder kleine Fehler wird hart bestraft und ich hatte Glück, dass ich die erste kritische Situation zu Beginn der Schwimmstrecke halbwegs gut abwenden konnte. Mein Nachbar am Startponton hielt es nämlich für eine Gute Idee, mir nach ca. 25 Metern die Schwimmbrille aus dem Gesicht zu reißen! Bis diese wieder adjustiert war schwamm ich quasi blind dem Mob hinterher.

Während nach etwa 750m eine nicht besonders berauschende Schwimmzeit von 8:25min zu lesen war, begann am Rad mein starker Part! Die Lücke zu den Führenden war schnell geschlossen und somit rollten 55 Athleten in „Rundfahrt-Manier“ dem zweiten Wechsel entgegen. Das Radeln war vom Tempo her zwar nicht hart, aber umso gefährlicher, da viele Athleten – speziell aus Südamerika – so fahren, als hätte sie bei Supermario ein Extraleben eingesammelt! Sicher und in aussichtsreicher Position in die Laufschuhe zu schlüpfen war das Wichtigste. Und das gelang mir ganz gut!

Auf Rang 25 rein in die Wechselzone und nach Blitzwechsel auf Rang 10 raus… den Führenden direkt auf den Fersen und mit unter 2:50min/km ging es furios auf die erste Laufrunde. Da fühlte sich auch noch alles gut an! Nach ca. 1,7km, am ersten von zwei Anstiegen über 30 Höhenmeter, gaben allerdings meine Beine nach und ich musste die Top-Leute ziehen lassen.

Während ich in Runde 1 nur etwa 15 Sekunden auf die Spitze verlor, war es in der Schlussrunde deutlich mehr. Im zweiten Anstieg versuchte ich noch Boden gut zu machen aber meine Waden hatten andere Pläne und so verteidigte ich den 25. Platz, den ich gerade inne hatte.
-> 5km/15:32min/60 Höhenmeter/verwinkelte Streckenführung – eine super Lauf-Leistung mit der ich zufrieden sein kann.

Don’t crack under pressure

Arnold Schwarzenegger

Wieder habe ich gelernt, dass mir zwar der letzte Punch für eine Spitzenplatzierung fehlt, aber auch der Kopf eine wichtige Rolle bei so engen Entscheidungen spielt. Diesem Thema werde ich mich in der neuen Saison ausgiebig widmen, denn jetzt ist erstmal Schluss mit der Rennaction und Zeit für eine ordentlich Pause – auch liebevoll Masse-Phase genannt.

Der Link zur offiziellen Ergebnisliste der Internationalen Triathlon Union:


Das nächste Level


Von 100 Genies gehen 99 unentdeckt zugrunde.

Rudolf Diesel, 1858-1913, deutscher Ingenieur

Ohne zu wissen, wie Rudi Diesel zu der „Bloggerei“ jetzt genau steht, habe ich mir dessen Worte trotzdem zu Herzen genommen und bin aus dem tristen 0815-Blog Dasein ausgebrochen um das ganze etwas stylischer zu gestalten.

Auf meiner neuen Seite halte ich euch nicht nur bezüglich des Renngeschehens, welches mich das ganze Jahr über durch die Weltgeschichte jagt, auf dem aktuellsten Stand, sondern versuche auch mit regelmäßigen Kolumnen den gelegentlichen Ausbruch aus dem Sportler-Themenkarussell zu schaffen. Bei jährlich 20 Reisen auf diverse Kontinente wird sich wohl der ein oder andere Inhalt finden, der einen anderen Blickwinkel aufs Profileben eröffnet.

Bleibt zu sagen:
Es lebe der Sport!

Mehr Infos zu mir und meinem sportlichen Lebenslauf gibts übrigens hier: